Im Dezember 2008 änderte POTNIA THIRON den Firmennamen und ergänzte ihn um die Zusatz „Bank der Aufmerksamkeit“ (Bank of Attention). Das Exarchia-Viertel verwandelte sich damals in ein Schlachtfeld, das den Funken für den Ausbruch der Jugend in ganz Griechenland lieferte. In der Nachbarschaft geplünderter Bankfilialen unternahm POTNIA THIRON – Bank of Attention mit der Umbenennung den Versuch, die Bedeutung der Kreditpraxis umzukehren und verlangte die Einlage und die Aufnahme von Aufmerksamkeit, eines Verfahrens zum Bewusstwerden der neuen Verhältnisse.
Die Krise, die folgte und noch immer anhält, verlangt eine noch größere Konzentration an Aufmerksamkeit, eine noch tiefere Erforschung, eine noch intensivere Suche und neue Aktionsformen. All das ist keineswegs einfach. Doch bei diesen Schwierigkeiten flüchten wir uns in den klugen Satz von Pablo Picasso: „Ich suche nicht. Ichfinde.“
DieAusstellungmitdemaufdenerstenBlickseltsamenTitel „GärenderGeist, denUmständenentsprechend“ entstandauseinerBezeichnung, dieeineZeitungzuBeginndes 20. Jahrhunderts für die Aktivitäten eines bahnbrechenden Kreditinstituts, der Bank von Athen, verwendete, die schon sehr bald nach ihrer Gründung durch ihre Unternehmungslust die ökonomische Landschaft Griechenlands in Aufruhr versetzte. Eine Bank ist also wieder der Ausgangspunkt zu der Idee, dass dieser Geist in einem anderen Raum und einer anderen Zeit ausprobiert wird, bei der Organisation einer Ausstellung bildender Kunst, die sich mit verschiedenen Materialien und auf unterschiedliche Arten den heutigen Umständen anpasst. Das verteilt sich auf drei miteinander verknüpfte Bereiche: (a) auf die Erweiterung des Inhalts der Exponate, da die Einheit das „ästhetische Objekt“ ist - also das, worauf wir mit ästhetischen Begriffen reagieren und das wir mit ästhetischen Begriffen beschreiben, (b) auf die Einführung einer neuen Art von Transaktion, die eine ständige Erneuerung der Ausstellung verlangt und (c) auf die drei Mini-Aufführungen von Puppentheater, Gesang und Tanz sowie auch die Ernährungsphilosophie. Das sind Events, die einen Teil der Ausstellung bilden und während der Ausstellungsdauer regelmäßig wiederholt werden.
Auf diese Weise bleibt der Geist dieses Gärens auch während des Ausstellungsbetriebs lebendig wie auch das Gären und die Anpassung an die besonderen Umstände in den Organisationsablauf der Ausstellung selbst integriert wurde. Und da eine Dimension des Gärens auch das Reifen ist, so ist die Ausstellung „Gärender Geist, den Umständen entsprechend“ auch bestrebt, die Eigenschaft des tätigen Geistes in den Sumpf des Kunstmarkts einzuführen.
1. 1903 schrieb eine Wirtschaftszeitung über die Bank von Athen, dass sie eine neue Banklandschaft geschaffen habe, „etwas, das sehr nah an den neuesten europäischen Gegebenheiten ist, liberal, coulant, einfach, formbar, etwas Gärendes, den Umständen entsprechend“.Diese Beschreibung des neuen Geistes zu Beginn des 20. Jahrhunderts lieferte, auch wenn sie sich auf die prosaische Welt des Kreditunternehmergeistes bezog, dennoch die künstlerische Idee zu dieser Ausstellung: Wie würden wir diesen Geist heute in der modernen Umgebung verhandeln können, herausgelöst aus dem historischen Rahmen, auf den sich die Beschreibung bezieht, verlagert in den Veranstaltungsbereich eines Kunstereignisses und dort ausprobiert, der Signifikat des Satzes und die Signifikanten der Wörter in kritischer Gegenüberstellung.
2. Die heutigen Umstände sind die Krise: Die Seifenblase des unbeschwerten Wirtschaftswachstums der letzten beiden Jahrzehnte des 20.Jahrhunderts ist zerplatzt, das Ende der Geschichte wurde in zukünftige Zeiten verlegt, die Krise hat das gesamte Leben der Menschen im Griff und ruft eine bedrückende Ungewissheit hervor. Der Markt insgesamt, insbesondere der Kunstmarkt, brach zusammen und riss die schillernde, überteuerte Kunst mit sich, die diesen gesellschaftlichen Zustand ausdrückte.
3. Auf der anderen Seite besteht angesichts der Umstände eine Verpflichtung, das Handeln zu erneuern und zu verändern, Orientierungen und Bewertungen umzustrukturieren, Praktiken zu überprüfen: Was wäre geeigneter als ein gärender Geist, der sich ständig assimiliert, anpasst undfolglich verändert und auf die veränderten Bedingungen reagiert. Diese Reaktion ist entweder eine Anpassung oder eine Intervention. Oder sie kann sich anpassen, um zu intervenieren. Denn gleichzeitig ist das „Gären“ in seiner zweiten Wortbedeutung ein Prozess des Werdens und des Reifens.
4. Der Titel verweist auf eine Ausstellung, die sich nicht auf ausgetretenen Pfaden bewegt, sondern anders ist und ihm also sowohl im Hinblick auf das Material als auch auf die Art entspricht. Den Gedanken weiter entwickelnd ist der „gärende Geist“ nicht nur das Objekt der Ausstellung, sondern auch umgekehrt: Die Ausstellung selbst ist sein Objekt.
5. Wir versuchen eine Erweiterung des Spektrums: Das Exponat als Einheit der Ausstellung ist nicht das Kunstwerk, sondern das „ästhetische Objekt“.